Rhodos Journal


Kommerz und Tourismus

Viele Besucher der Insel und dabei nehme ich mich gar nicht aus, beschweren sich über die fortschreitende Kommerzialisierung und das "Verlorengehen des Griechenlands", wie man es sich eigentlich vorstellt. Dass dies ein Problem ist, was nicht nur Rhodos oder Griechenland betrifft, sondern sämtliche Urlaubsprovinienzen, dürfte uns allerdings klar sein.
Man regt sich z. B. über die um die großen Hotels wie Pilze aus dem Boden schießenden Aluminiumhütten auf, die Supermärkte, Autoverleiher, Wechselstuben usw. beherbergen. Man schimpft u. A. auf die Horden von Touristen, die einem die Aussicht auf Lindos versperren und und und.
Nur, sind es nicht wir die Touristen, die sich selbst im Weg stehen? Sind es nicht wir, die überall eine perfekte Infrastruktur vom Einkauf von Lebensmitteln, dem Autoverleiher neben dem Hotel oder funktionierende Mobiltelefone bis in den letzten Winkel der Insel wollen?
BudenSind es nicht auch gerade die Billigtouristen und Erbsenzähler die überhaupt erst die Existenz dieser "1 Million und 17" Blechbudentouristenshops ermöglichen?
Sie fragen sich, wo ist hier der Zusammenhang? Aber wenn man mehr und mehr beobachtet, dass Leute lieber 200 m vom Strand zum nächsten Supermarkt laufen, um sich ihr Wasser oder ihr Eis oder was auch immer zu holen, anstatt dies bequem in der 10 m entfernten Strandtaverne zu konsumieren, nur um vielleicht 20 Cent zu sparen, dann wissen sie was ich meine (siehe nächste Geschichte).
Oder anders betrachtet - wer kann es den Einheimischen verdenken in irgend einer Weise Geld an den Touristen zu verdienen, zumal diese Geldquelle nur max. 7 Monate im Jahr sprudelt und der Rest des Jahres mit diesem Geld überbrückt werden muss. Seien wir froh, dass in unseren europäischen Urlaubsländern nicht nur Hoteliers und Reiseveranstalter das Geld verdienen, sondern auch private Kleinunternehmer am Geld der Touristen partizipieren (schönen Gruß auch an die "All inclusive"-Urlauber).
Das Gegenteil dieser Struktur kennen wir aus Urlaubsländern der Dritten Welt, wo die Touristen in den Hotelgettos in einem geradezu perfiden Luxus der einheimischen Bevölkerung gegenüber leben. Diese Länder sind außerhalb der Hotels sicher noch ursprünglich. Nur frei und unbedenklich bewegen kann man sich dort aufgrund der herrschenden Armut nicht, ohne aggressiv angebettelt oder gar überfallen zu werden. Ich frage mich allerdings, was ich da als Pauschaltourist soll, wenn ich das eigentliche Leben in diesen Länder nur wie ein Affe im Zoo durch die Gitterstäbe des Hotels betrachten kann.
Da ist mir ein System, von dem die Einheimischen und die Touristen profitieren, mit all seinem Kitsch und Kommerz dann doch noch lieber. Zumal es für den, der sich nicht nur in seiner Hotelumgebung bewegt, immer noch Refugien der Ursprünglichkeit gibt.



Familie am Strand

Zu obigem eine kleine Geschichte beobachtet am Strand vor unserer Stammtaverne.

Gegebenheiten:
Familie mit 2 Kindern im Alter so zwischen 15 und 17 Jahren. Kinder liegen im Liegestuhl, Eltern auf dem Handtuch im Sand.
Von diesem Strandidyll sind es zu den nächsten 4 Tavernen 10 m, 20 m, 50 m ... die nächsten kleinen Supermärkte (mindestens 10 Stück) sind im Umkreis von 50 - 500 m.

Mutter unterhält sich mit Tochter eine Stunde über deren berufliche Zukunft:
"... entweder Ärztin oder Rechtsanwältin ... aber frage lieber vorher unseren Freund Herrn Dr. Schönfärber, ob Rechtsanwalt nicht zu langweilig für dich ist ...."

Der geneigte Zuhörer denkt sich, vermeintlich "höher gestellte Persönlichkeiten(?)" ;-)

Aber nun geht's los:

Sohn:

Papa ich hab Hunger.

Tochter:

Ich auch

Papa zu Mama:

Weißt du, wo man hier etwas zum Essen herbekommt?

Mama:

Nein

Der Zuhörer stutzt! Sind die Tavernen eine Fata Morgana?

... eine halbe Stunde vergeht.

Sohn:

Jetzt habe ich aber wirklich Hunger.

Papa (genervt):

Gut; dann gehe ich mal los und schaue, dass ich was zu essen auftreibe.

Mama:

Aber geh nicht in so einen Neppladen.

Papa:

Nein, keine Angst.

Nach sage und schreibe über einer Stunde - Preisvergleiche in acht Kramerläden dauern eben - kommt Papa mit zwei Packungen trockenen Keksen, vier Äpfeln und einer Flasche Wasser zurück.

Papa:

Das war gar nicht so einfach, die Supermärkte sind alle so teuer.

Familie Studiosus verzehrt ihr opulentes Mal.

Kinder:

Morgen halten wir das aber nicht wieder ohne Essen von Morgens bis Abends aus.

Mama:

Ich habe gehört im Landesinneren gibt es die billigen Supermärkte, wo die Einheimischen einkaufen.

Die Unterhaltung über die hochgesteckten Ziele des Töchterchens gehen weiter.


Der geneigte Zwangszuhörer erspart sich den Kommentar, dass sie sich einen Leihwagen nehmen sollen, um zu den billigen Supermärkten zu kommen und sinniert darüber nach, wohin das noch führen wird.
Wird es in fünf Jahren keine Strandtavernen mit halbwegs griechischem Essen mehr geben, sondern nur noch Fastfood-Buden - teuerstes Gericht 3 EUR -?
Unser Tavernenwirt teilt in 2000 sein Restaurant schon in zwei Teile; einmal Fastfood, einmal Restaurant. Aus geschäftlicher Sicht hat er natürlich recht, da es sich nicht mehr lohnt am Tag nur Salat oder Pommes ohne alles oder Tsatsiki mit Brot zu verkaufen.
Wir finden diese Entwicklung allerdings nicht mehr lustig.

Vielen Dank an die Erbsenzähler.



Kleine satirische Benimmregel für das Verhalten im Ausland im Allgemeinen und in Griechenland im Besonderen



Im Restaurant
  • Schauen Sie sich im Restaurant die Speisekarte nur im Stehen an. Somit vermeiden Sie meistens, daß ein Ober auf Sie zukommt. Wenn die Preise - unabhängig von der Qualität der Speisen - auch nur geringfügig höher als in der Nachbartaverne sind, gehen sie wieder. Kommt ein Ober auf sie zu, flüchten Sie.


  • Fragen sie auch bei Kleinigkeiten wie einer Tasse Kaffee immer nach dem Preis sollte dieser um mehr als 10 Cent höher sein als wo anders gehen Sie ebenfalls wieder.


  • Geben Sie nie mehr als 10 Cent Trinkgeld. Griechenland gehört schließlich zur Dritten Welt wie alle Länder außerhalb Deutschlands. Ein Ober der am Tag 1 EUR Trinkgeld erhält kann davon schließlich die ganze Familie ernähren.
    Nebeneffekt: Bei all Ihren Urlaubsreisen wird sich vom gesammelten Wechselgeld langsam eine wertvolle Münzsammlung entwickeln.


  • Zum Essen in einer Strandtaverne genügt es, wenn Sie ein Tsatziki bestellen - reicht mindestens für 2 - 3 Personen. Brot wird in Griechenland immer dazu gereicht. Wenn's nicht reicht nachbestellen. Falls nach dem Verzehr von einem Kilo Brot der Ober sich erdreistet Geld dafür zu verlangen, beschweren Sie sich.


  • Als Getränk dazu wird gerne Wasser genommen. Aber bestellen Sie kein Wasser in der Plastikflasche - Vorsicht kostet was -, sondern Leitungswasser. Dafür kann schließlich nichts verlangt werden. Die Gläser werden gerne kostenlos gespült. In einem Familienbetrieb ist das drin.


  • Abgesehen von obigen Sparmodellen werden Sie als Vielreisender natürlich nicht so dumm sein und etwas bestellen, sondern Sie als Fachmann plündern das Frühstücksbuffet Ihres Hotels, suchen sich den besten Platz in der Taverne und packen Ihr Lunchpaket aus. Falls der Ober mault, sagen Sie Ihm Sie haben schließlich 'Alles inklusive' gebucht.


  • Ihnen fremde Speisen bestellen Sie lieber nicht. Fette Pommes Frittes, Schnitzel und sonstige deutsche Kost vertragen Sie zu Hause auch am besten. Im Laufe der Jahre wird es dann die für diese klimatischen Verhältnisse sehr gute und bekömmliche Küche nicht mehr geben. Der Fastfood-Einheitsbrei wird dann für unseren täglichen Cholesterinschub sorgen.


  • Genieren Sie sich auch nicht oben Ohne - Stringtangas mit nacktem Hinterteil sind auch sehr beliebt - in die Taverne zu gehen; ganz gleich welche Figur Sie haben. Griechenland ist zwar ein sehr christliches Land mit entsprechenden Moralvorstellungen, Ihnen als Tourist wird man (leider) nie widersprechen. Dazu sind die Griechen zu gastfreundlich.


  • Noch ein Tip für unsere Britischen Freunde. Teebeutel sind leicht zu tragen. Am Strand ein kleines Tässchen Tee ist immer gut. Die nahegelegene Taverne bereitet gerne kostenlos heißes Wasser.


Allgemeiner Auftritt

  • In Griechenland ist es, wie jeder weiß, heiß. Als Kleidung sind daher zu jeder Tages- und Nachtzeit und natürlich auch zu jeder Gelegenheit Adidas-Turnhose, Trägerunterhemd und Badelatschen angesagt.


  • Tragen Sie nur Kleidung, die Sie außer zum Fasching zu Hause nie anziehen würden. Nur so werden Sie auch als Tourist erkannt.


  • Am Strand können Sie sich natürlich sämtlicher Klamotten, bis auf ein kleines Dreieck, das die primären Geschlechtsorgane bedeckt, entledigen. Es ist auch egal ob jung ob alt, ob dick ob dünn. Einheimische und Touristen werden sich freuen.


  • Jeder Pope (bei uns Pfarrer) und die Einheimischen sind begeistert, wenn Sie als Mann in kurzen Hosen und als Frau in Hosen - ob kurz oder lang - in die Kirche oder in ein Kloster kommen. Ist aber verständlich, man kann ja auch nicht in jedem Land wissen wie man eine religiöse Stätte betritt.
    Ist doch war ..... mal Islam, mal christlich orthodox, mal Buddhismus ..... da bleibt man doch lieber bei der Adidas-Kluft, die ist international.


  • Trinken gehört in heißen Länder zur Selbstverständlichkeit. Alkohol ist dazu bestens geeignet. Wenn Sie nicht zu den Geldverschwendern gehören, die in eine Bar gehen, um sich halbwegs stilvoll zu betrinken, sparen Sie sich ihr Geld und die blöde Bestellerei und frequentieren Sie die umliegenden Supermärkte. Trinken Sie das gekaufte am Zimmer und erfreuen Sie die Nachbarn mit ein paar markigen Trinkliedern. Diese werden sich dann gerne zu Ihnen gesellen. Auch eine Flasche Bier oder Wein am Randstein getrunken machen den Urlaub erst zum unvergeßlichen Erlebnis.


  • Unterhalten Sie sich mit ihresgleichen (Touristen) und Einheimischen nur über Ihre Erfahrungen in anderen Hotels - wie war das Frühstück auf Mallorca? .... war der Liegestuhl in Kenia auch für die Zimmernummer XY reserviert? - alles andere wie Landschaft, Land und Leute wird jeden nur langweilen.


  • Reden Sie in Restaurants, Geschäften usw. auch ruhig, wie Ihnen der "Schnabel gewachsen ist". Wenn die Jungs schon unsere EUROS wollen, sollen sie gefälligst auch jeden Hinterwäldlerdialekt verstehen.


Inselerkundung
  • Fahren Sie immer mit organisierten Bustouren um die Insel. Fahrten mit dem Leihwagen sind gefährlich (wilde Tiere, Wegelagerer ;-) Fahrten mit dem Bus haben auch den Vorteil, daß Sie Ihre Touristenkollegen aus allen Hotels der Insel zur gleichen Zeit am gleichen Haltepunkt kennenlernen.


Hotel
  • Oft sind Hotelzimmer zu klein. Machen Sie es wie Ihre Britischen Kollegen; werfen Sie einfach die Möbel aus dem Fenster.


  • Sie als pflichtbewußter Mensch stehen selbstverständlich nicht nach 7 Uhr morgens auf. Damit die Schlafmützen in den Nachbarzimmern auch wissen, was es geschlagen hat, rücken Sie kräftig mit den Stühlen, Tischen und Betten.


Leider beruht jeder einzelne Punkt auf eigenen Erfahrungen und leider waren und sind es alles keine Einzelfälle sondern sich stetig wiederholende Vorfälle.

Der immer mehr zunehmende Billigtourismus - nicht nur aus Deutschland - bringt mittlerweile Menschen in alle Herrenländer, die in ihrem eigenen Land auch schon eine Zumutung sind. Dem entsprechend ist dann auch das Benehmen gegenüber anderen Kulturen und Mentalitäten.
REISEN hatte früher etwas damit zu tun, daß man sich mit der Geographie, der Kultur usw. des Gastlandes befaßt. Heute ist das Wichtigste die Sonne scheint und "Ballermann 6" ist nicht weit.

Gott sei Dank gibt es aber doch noch genug Leute, die wissen wie man sich im Ausland zu benehmen hat.
Sobald wir unsere Landesgrenzen verlassen sind wir überall GÄSTE.


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