Rhodos Journal


Der Anfang

Die Geschichte einer Liebe zu Land und Leuten
Teil 4

Der Aufenthalt auf Rhodos und die Rückfahrt

Wir kamen auf Rhodos an.

Es war früher Morgen. In Anbetracht der letzten Nächte, die Nacht auf der Fähre nach Rhodos war auch ziemlich schlaflos, waren wir immer noch „übernächtig“. Unsere „Kabine“ lag neben einem Lüftungsschacht zum Garagendeck aus dem es nach Diesel und verfaultem Gemüse stank.

In dieser Verfassung übernächtig, etwas zu viel Alkohol vom Vortag (man mußte sich ja in den Schlaf saufen) ging ich hinab in das Garagendeck, um meinen Wagen herauszufahren. Unten stank es gotterbärmlich. Die Lastwagenfahrer ließen ihre Diesel warmlaufen, um die Bremsen frei zu bekommen, auf den abenteuerlichsten Gefährten waren Hühner, Gemüse ... geladen. Und, wie konnte es anders sein, mein Auto ganz an der Spitze des Schiffes war das letzte, das die Fähre verlassen konnte. Ich hatte nur eine Chance ohne mich zu übergeben, mich an einer Türe zum Meer aufzuhalten. Ich sah von dort die Johanniter-Burg und war zufrieden.


Endlich draußen sind wir wie die Wilden nach Faliraki zu Tsambikos gefahren. Für diese Minuten der Fahrt hatte ich mir schon bestimmte Musik auf einer Kassette ausgedacht: „We are the champions“ von Queen und „Ritt der Wallküren“ von Wagner. Mit dieser Musik und laut hupend kamen wir bei Tsambikos an.
Für Tsambikos war das allerdings etwas zu früh. Er hatte wohl noch geschlafen und konnte deshalb unsere frühmorgendliche Ankunftseuphorie nicht ganz teilen. War wohl auch für ihn eine schwere Nacht vorher. Damals war er noch nicht verheiratet ...


In diesem Jahr hatten wir von Michailis Bruder Takis dessen Eigentumswohnung beim Rodini Park in Rhodos Stadt gemietet. Die Wohnung hatte 2 Schlafzimmer eines für Knut und eines für uns, außerdem ein großes Wohnzimmer, Küche, Bad usw. Die Wohnung war im obersten Stock und wir hatten einen herrlichen Ausblick über die Stadt und auf das Meer.

Ausblick von unserer Wohnung
Ausblick von der Wohnung am Rhodinipark

Über den Aufenthalt damals kann ich nicht sehr viel berichten – ja, ja das Erinnerungsvermögen.

Eines blieb mir allerdings in Erinnerung. Das erste wirklich griechische Essen auf Rhodos! Dies mag merkwürdig klingen, in Anbetracht dessen, daß wir schon 4 Jahre vorher auf Rhodos waren.
Michailis lud uns eines Abends zum Essen ein. Wir fuhren in Rhodos Stadt vom Monte Smith und weiter die Straße, bis fast zu der Kreuzung, wo es wieder nach unten zu den Hotels Capsis und Rhodos Palace geht. Das Restaurant wurde damals „Vlachos“, genannt. Ob es wirklich so hieß weiß ich nicht. An diesem Abend aßen wir wirklich bis zum Platzen die ganze Palette der griechischen Vor- und Hauptspeisen, die ein Restaurant zu bieten hat. Lange Jahre ist dies unser Restaurant geblieben, wenn wir eine „Fresserei“ vor hatten.

In diesem Jahr fielen mir auch Dinge auf, die, wie ich sie heute sehe, der Beginn der „Europäisierung“ oder der Beginn des Massentourismus waren (siehe Foto). Es war mir auf jeden Fall ein Foto wert, als neben meinem Wagen bei Tsambikos ein Auslieferungslaster mit der Aufschrift einer Münchener Brauerei stand.

Biere aus aller Welt wir kommen
Europäischer "Mischmasch" ich komme
ein paar Leute am Strand
Tsambikos Strand war nur für ein paar Insider da.
Im Hinergrund das im Bau befindliche "Viktoria".

Wie schon gesagt viel gibt es nicht zu berichten. Ich gaube allerdings, die Geschichte mit dem Gulasch vorweg genommen zu haben, da das in diesem „Auto-Urlaub“ war – egal –


Doch halt – Stasis gibt es ja auch noch. Er kam ein paar Tage nach uns auf Rhodos an. Wo er uns finden konnte war ja klar. Bei Tsambikos oder bei Mike im „Bananas“. Als er uns im „Bananas“ sah, tat er natürlich sehr erstaunt, warum wir ohne ein Wort zu sagen, nach Rhodos abgereist sind. Was darauf folgte, war ein Ausbruch unseres ganzen Frustes, den er uns beschert hatte. Knut hielt sich zwar aus dem ganzen ziemlich raus, da ihn das meiste nicht betraf, aber bei uns ging der „Punk ab“. Wir verlangten von ihm das Geld für die Reparatur dieses Getriebes und der Telefonrechnung. Bei dem Getriebe muß ich noch dazu sagen, daß die Reparaturkosten ein anderer Bekannter von Stasis in München für ihn bezahlt hatte und wir ihm das Geld mitbringen sollten. Aus verständlichen Gründen hatten wir uns damals schon geweigert die Kosten leihweise zu tragen. Die Arbeit mit Telefonaten, hin- und herfahren des Teiles in München usw., hatte ich sowieso schon - und auch das Risiko beim Zoll. Die Telefonrechnung wäre unter guten Freunden kein Thema gewesen, in Griechenland herrscht die Devise „eine Hand wäscht die andere“. Nach den Vorfällen in Argos konnte man davon allerdings nicht mehr sprechen.

Auf jeden Fall weigerte sich Stasis irgend etwas zu bezahlen, obwohl ihm sein Auftraggeber für diese Getriebeaktion, das Geld in Argos bereits gegeben hatte. Als Begründung kam dann der Hammer. Er sagte, er könne sich nicht sicher sein, daß wir das Geld in München abliefern würden. Da zerriß es dann Irmi. Sie beschimpfte ihn so, daß er klein beigegeben hat und mit mir in seine Wohnung gefahren ist und das Geld aus seinem Safe holte. Das beste an der Situation war dann noch, daß während meiner Abwesenheit Irmi von griechischen Frauen im „Bananas“ für ihr Auftreten, auch speziell gegenüber Stasis, beglückwünscht wurde.

Ach ja; Knut war ja auch noch da! Er wurde von unseren griechischen Freunden aufgenommen, als ob er schon immer dabei gewesen wäre. Für ihn war dieser Urlaub die Initalzündung für unzählige weitere Urlaube auf Rhodos – ob alleine oder mit uns -. Wir hatten immer viel Spaß miteinander, in diesem Urlaub und auch später. Leider ist vor ein paar Jahren ein Ereignis eingetreten, das es ihm finanziell nicht mehr erlaubt, nach Rhodos zu fahren. Nichts schlimmes, nur eine Tatsache.


Die Rückfahrt

Wir hatten ja, da bei der Hinfahrt direkt in den Häfen gebucht, keine Rückfahrtickets. Im Laufe unseres Aufenthalts auf Rhodos kristallisierte sich heraus, daß wir der Empfehlung unserer Freunde folgen würden und die Rückfahrt so planen, wie sie ein Rhodier machen würde.

Von Rhodos nach Piräus zwar das Auto auf die Fähre geben aber nicht mitzufahren, sondern am nächsten Morgen nach Athen zu fliegen. Dies hatte zwar eine kleine Diskussion mit Knut zur Folge, er wollte ja extra nicht fliegen, aber nach langem Reden, wurde er von allen überzeugt. Noch dazu, blieb uns ja noch eine Nacht mehr, um mit unseren Freunden Abschied zu feiern.
Takis, von dem wir die Wohnung gemietet hatten, half uns die ganzen Tickets incl. derer von Patras nach Brindisi in einem Reisebüro nahe am Mandraki zu besorgen. Es war ein Mordsaufwand mit Faxen nach Patras, mit Telefonaten mit Olympic usw. Aber Takis hatte das alles voll im Griff und nach einer ganzen Weile hatten wir alle Unterlagen in Händen.


Am Nachmittag als die Fähre von Rhodos nach Piräus auslief, brachten wir das Auto zum Hafen. Wie wir das zu machen hatten, hatten uns unsere Freunde erklärt. Wir sollten dem Garagenmeister des Schiffes ein bestimmtes Trinkgeld und die Autoschlüssel geben und ihm dann das Fahrzeug überlassen, er fährt es dann auf das Schiff und wir können wieder gehen. Ganz wohl war uns bei der Angelegenheit nicht, aber Griechen vertrauten wir.
Wir sind mit dem Taxi zurück zu unserer Wohnung gefahren und haben uns für eine ausgiebige Abschiedsparty hergerichtet. Die Party im „Bananas“ hatte es, wie sich alle, die Freunde auf Rhodos haben vorstellen können, in sich. Der eine gibt einen für die Reise aus, dann fürs Wiederkommen usw.


Die Abschiede von Rhodos wurden von Jahr zu Jahr immer schwerer und nicht nur wir, sondern auch unsere rhodischen Freunde schauten beim letzten Abschied immer mit etwas feuchten Augen drein.


Zum Schlafen blieb in dieser Nacht wenig Zeit, da unser Flug schon zwischen 6 und 7 Uhr morgens ging. Daß wir überhaupt wach geworden sind, ist ein Wunder.

Knut mußte jetzt das erste Mal in seinem Leben ein Flugzeug besteigen. Er ist tapfer die Gangway hochgestiegen und hat sich, da der Flieger nur spärlich besetzt war, gleich eine ganze Sitzreihe genommen. Ihm war wahrscheinlich alles egal, da er noch besoffen vom Vorabend war. Uns ging es allerdings auch nicht besser. Auf dem dreiviertelstündigen Flug nach Athen hat Knut jedenfalls geschlafen. Seitdem hat er keine Probleme mehr mit dem Fliegen.

Am Athener Flughafen haben wir uns ein Taxi geschnappt und haben uns nach Piräus zu den Kais der Ägäis-Fähren fahren lassen. Wir hatten die naive Hoffnung unsere Fähre zu sehen und dort unser Auto in Empfang nehmen zu können. Der Taxifahrer schmiß uns irgendwo heraus, wo er dachte wir wären richtig. Wer den Hafen kennt (einer, oder der größte in Europa) wird wissen, wie wir da standen. Schiffe, Kais, Autos, Lastwägen ohne Ende. Wir sind mindestens eine Stunde in praller Sonne bei ca. 35 Grad und Athener Smog herumgelaufen und haben nichts gefunden. In unserer Verzweiflung haben wir dann die Hafenmeisterei gesucht – vergeblich -. Bei dem dritten Bürogebäude sind wir endlich fündig geworden. Wir erklärten den Beamten, daß wir ein Schiff suchen, das am Morgen von Rhodos gekommen sein muß. Auf die Frage der Beamten, wie das Schiff hieße, mußten wir leider passen. In unserer Abschiedsfeierhektik vom Vortag und unserem Alkoholkonsum fiel uns der Name der Fähre nicht mehr ein. Außerdem sagten uns die Leute, daß an diesem Tag kein Schiff aus Rhodos gekommen wäre - fragende Gesichter, Adrenalinausstoß, Panik –

Nach endlosen Diskussionen, daß das nicht sein könne, kam einer der Beamten auf die Idee, daß es vielleicht die Fähre aus Zypern war, für die Rhodos eine Zwischenstation gewesen ist. Dem war so – Gott sei Dank -! Sie sagten uns, wo das Schiff angelegt hatte und wir begaben uns erneut zu Fuß auf einen langen Weg zu dem uns beschriebenen Kai. Von weitem sahen wir allerdings kein Schiff. Als wir näher kamen, sahen wir meinen kleinen Honda mitten auf dem Kai stehen. Das Schiff war schon längst wieder weg. Mein Auto war offen, der Zündschlüssel steckte und im Wagen fehlte nichts. Was hätte der Garagenmeister auch machen sollen?

Dank sei den Griechen und oder der Zeit 1985.

Die nächste Hürde war die Ausfahrt aus dem Hafengelände. Wer denkt sich, daß, wenn man mit der Fähre vom Inland kommt, man wieder durch den Zoll muß? Tja, wir kamen ja mit einer Fähre aus Zypern und Zypern ist zolltechnisch nicht Inland. Nach einigen Debatten und unter Vorlage unseres Tickets, das ja auf Rhodos ausgestellt wurde, konnten wir passieren. Unsere Nerven lagen mittlerweile schon wieder blank. Keinem war es besonders gut – die Abschiedsfeier – kein Frühstück und nicht mehr all zu lange Zeit für die 220 km nach Patras, wo wir am späten Nachmittag auf der Fähre nach Brindisi einzuchecken hatten. Irmi ging es besonders schlecht und wir mußten des öfteren halten.


Bis wir am Nachmittag im „wunderschönen“ Patras ankamen, hatten wir nichts gegessen. Noch hatten wir Zeit bis zum Checkin auf der Fähre. Bei dem Großen Platz beim Hafen, einige werden ihn vielleicht kennen, suchten wir uns einen Parkplatz und hielten erst mal Ausschau nach einem Restaurant. Ausnahmsweise hatten wir hier mal Glück und fanden eines, was in langen Vitrinen in vielen verschiedenen Reinen die ganze Palette der griechischen Küche bot. Knut und ich aßen uns wieder ein paar mal durch das Angebot durch. Irmi war es immer noch nicht gut.

Die Zeit, um auf die Fähre zu gehen, war gekommen. Wieder Paßkontrolle, Zollkontrolle, Kontrolle des Autos und des zugehörigen Eintrags im Paß. Die erste Hürde war geschafft. Ich fuhr das Auto auf die Fähre und rangierte auf den mir zugewiesenen Platz. Kaum stieg ich aus dem Auto aus, kam schon wieder ein Zollbeamter, um die Papiere und die Autonummer erneut zu kontrollieren. Langsam reichte es mir. Lange schaute er auf die Autonummer, meine Fährentickets und meinen Paßeintrag. Dann sagte mir dieser äußerst unfreundliche Zeitgenosse, der Paßeintrag stimme nicht mit meiner Autonummer überein, ich müßte wieder von der Fähre runter und zur Klärung der Angelegenheit wieder zur Zollstelle zurück fahren. Als ich ihn fragte warum, kam heraus, daß er einen Buchstaben, ein „Y“ der handschriftlichen Eintragung in meinem Paß für eine „4“ hielt. Ihm das in Ruhe zu erklären war allerdings sinnlos. In Anbetracht meiner physischen Verfassung und meines bei bürokratischem Irrsinn durchgehenden Temperamentes ging mir zum letzten mal "der Gaul" durch. Ich schimpfte übelst auf bayerisch, schloß meinen Wagen ab und ging. Der Bürokrat schimpfte noch hinter mir her, konnte aber nichts mehr machen. Mein Auto war und blieb auf der Fähre.

An die Überfahrt nach Italien kann ich mich nicht mehr erinnern. Wahrscheinlich schliefen wir nur noch.


Am Abend kamen wir in Brindisi an. Wir hatten vor, nach dem Abendessen noch ein Stück zu fahren und uns dann etwas zum Übernachten zu suchen. An einer Promenade in Brindisi fanden wir ein Restaurant. Das Angebot war gut. Wir aßen allerdings nur eine Vorspeisenplatte mit ein paar Muscheln und jeder einen Teller Spaghetti. Die Rechnung besagte, wir waren nicht mehr in Griechenland. Für das Bißchen bezahlten wir drei 120 DM (1985). Darüber war ich so sauer, daß ich sagte, setzen wir uns ins Auto und fahren nach München. Um 21 Uhr fuhren wir in Brindisi ab. Die ersten paar hundert Kilometer hatten wir Hunderte von Lastwägen zu überholen, die wohl von den Fähren ausgespuckt wurden, dann wurde es ruhiger. Irgendwann ging dann mein Benzin zu Neige. Logischerweise hatten wir keine Lire mehr dabei und wollten daher die Tankrechnung mit Scheck bezahlen. Dies verweigerten uns allerdings zwei Autobahntankstellen. An der Dritten, mit dem letzen Tropfen Benzin angekommen, hatten wir mit viel Überredungskunst Glück.

In der Höhe Gardasee übermannte mich ein paar mal der Sekundenschlaf. Meine Mitfahrer schliefen sowieso lange Strecken.

Am nächsten Tag mittags waren wir in München. Ich hatte uns alle gut zurückgebracht.


Jetzt wußte ich, wie weit Rhodos weg war. Eine weitere Reise mit dem Auto war nicht mehr geplant. Daß wir aber nächstes Jahr wieder nach Rhodos fliegen würden, war trotz aller Unbill klar.


Die Fortsetzung wird wohl erst folgen, wenn ich mich entscheide ein Buch zu schreiben ;-)
Dazu muss ich aber aus Zeitgründen erst in Rente sein.

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