Rhodos Journal


Mai / Juni 2003
Sonnenuntergang in Faliraki

Ja, wo soll ich dieses Jahr mit unserem ersten Rhodos-Bericht anfangen? Nehmen wir zuerst das Wetter. Irgendwie glaube auch ich langsam, dass sich das Klima ändert. Mitte Mai bis Mitte Juni hatte man vor Jahren die Garantie keine Wolke zu sehen. Aber ...

Dieses Jahr ist lt. Aussagen unserer Freunde im Winter und bis in den April so viel Regen gefallen wie lange nicht mehr. Dann wurde es Anfang Mai schlagartig heiß, was u. a. den Orangenbäumen so geschadet hat, so dass mit einer nicht allzu großen Ernte zu rechnen ist. Ende Mai hatten wir dann gut eine Woche „schlechtes“ Wetter. D. h., es war bewölkt und hat sogar ein paar mal kräftig geregnet. An manchen Tagen war der Wind vom Meer so frisch, dass man auch mit langer Hose mittags etwas fröstelte. Nach dieser Woche stiegen die Temperaturen kontinuierlich, was allerdings nicht hieß, dass sich die Wolken vollständig verzogen. Erst in der letzten Woche unseres Aufenthalts – Mitte Juni – war Rhodos-Wetter angesagt. Die letzten Tage hatten wir zwischen 36 und 38 Grad. So viel zum Wetter.

Sonnenuntergang in Faliraki

Was gab es sonst für Eindrücke, die sich von denen der letzten Jahre unterschieden? Es war verdammt ruhig auf der Insel! Für uns war es natürlich hervorragend mehr Ruhe (selbst akustisch) genießen zu können. Für unsere Freunde und alle Geschäftsleute auf Rhodos ist diese Saison, wenn sie nicht noch besser wird, eine Katastrophe. Sogar die jungen Engländer, die den negativen Ruf von Faliraki geprägt haben, blieben zum größten Teil aus. Nachtrauern tut denen aber, bis auf die Barbetreiber in der Wahnsinnsmeile von Faliraki, keiner.

Zwei Monate Hauptsaison (Juli, August) werden das Loch der Vorsaison nicht mehr stopfen können, falls es denn überhaupt noch besser wird dieses Jahr. Über die Gründe eines derartigen Rückgangs des Touristenaufkommens kann nur spekuliert werden. Ich denke, dass mehrere Gründe dafür verantwortlich sind. In erster Linie wohl die allgemeine schlechte ökonomische Lage in ganz Europa. Weiter gehört Griechenland nicht mehr zu den Billigländern, somit weichen viele Urlauber auf die Türkei oder andere Balkanstaaten wie Bulgarien oder Rumänien aus. Auch die teilweise unverschämte Preisgestaltung in Gastronomie und Hotellerie, die man manchmal wirklich nur mehr als Dummheit bezeichnen kann, tragen sicher zur jetzigen Situation bei.

Hierzu ein kleines Beispiel: Kleiner Ausflug auf der Insel.

  • In Archipoli ein Bier (0,4 l Holsten vom Faß) und ein Cola = 2,70 EUR. Absolut in Ordnung!
  • Weiter nach Epta Piges Mittagessen (knapp ein Kilo Ziegenkotelletes, Tsaziki, gebratene Auberginen, Paprika und Zucchini, Käsebällchen, Pommes Frites, 2 Karafaki Ouzo, 2 Bier, ein Soda, ein Kaffee und vom Haus noch Baklavas) = 28 EUR. Ebenfalls in Ordnung!
  • Dann in die Strandkneipe links am Ende der Straße von Kolymbia. Ein Bier (0,4 l Warsteiner vom Faß) und ein Orangesaft = 6 EUR. Nicht in Ordnung! Hier schlug Dummheit und Unverschämtheit zu. Gut – die Kneipe ist eben gestrichen.

Dass mit so einer Preisgestaltung auch noch die letzten Touristen verprellt werden, ist scheinbar diesen Leuten nicht klar.

Ein Freund meinte, ein großes Problem sei, dass viele, die ein Stück Land haben, einfach dort einen Touristensupermarkt aufmachen, ein Restaurant betreiben oder Appartements vermieten, aber weder betriebswirtschaftlich noch sonst irgendwie von dieser Branche eine Ahnung haben.

Allgemein ist zu den Preisen zu sagen, dass die Griechen seit der Einführung des Euro ganz schön geschröpft werden. Viele Dinge des täglichen Lebens sind in den Supermärkten teurer als in Deutschland, wobei der Verdienst eines Angestellten die Hälfte oder sogar nur ein Drittel dessen beträgt, was in Deutschland üblich ist. Das einzige was noch wesentlich günstiger ist, ist Brot und Fleisch. Selbst Gemüse auf dem Markt ist horrend teuer geworden. Was nicht unbedingt Hochsaison hat, ist fast unbezahlbar. Mitte Mai kostete ein Kilo Tomaten noch 3 EUR, Pfirsiche 6 EUR und der Hammer Kirschen 12 EUR. Auch das treibt natürlich die Preise in der Gastronomie nach oben.

Ein absolutes Reizthema bei allen Gastronomen war wieder "All inclusive". Viele Hotels ganz gleich wo auf der Insel und mit bester Infrastruktur rund herum haben mittlerweile auf "AI" umgestellt. D. h., ob schlechte Saison oder nicht, die umliegenden Restaurants, Bars usw. krebsen am Existenzminimum herum. Ein Freund von uns hat sein Restaurant wegen eines Hotels gegenüber seines Restaurants, das auf "AI" umgestellt hat, dieses Jahr nicht mehr geöffnet. Von was er leben soll, weiß er nicht!

Sicher, wo angeblich ein Markt ist, folgt das Angebot. Oder ist es umgekehrt? Man hört aber auch schon Stimmen von Touristen, die gerne wieder in das gleiche Hotel wie schon in den Jahren zuvor gegangen wären, aber aufgrund von "AI" dort nicht mehr hin wollen. Es mehren sich sogar Stimmen, die beim nächsten Griechenlandurlaub nur mehr Übernachtung mit Frühstück wollen, da es wesentlich besser und schöner sei auswärts zu essen, als u. a. zu aufgezwungenen Zeiten im Hotel.

Und komme mir jetzt keiner, das ist alles eine Geldfrage. So lange existiert das System "AI" noch nicht. Warum hat ein Urlaub mit Kindern oder für Leute, - vorsichtig ausgedrückt – "die gerne feiern", früher funktioniert?

Lassen wir aber jetzt ökonomische Betrachtungen und widmen uns erfreulicheren Themen. Zuerst sei gesagt, dass wir wieder, wie in all den vielen Jahren zuvor, keinerlei Probleme auf der Insel hatten. Im Gegenteil, das Leben dort ist einfach entspannter, die Leute sind freundlicher und die Hektik, die in Deutschland selbst beim Einkaufen zu beobachten ist, fehlt. Sprich, die Lebensqualität ist einfach höher. Mir sind in diesem Zusammenhang oft Beiträge aus den Foren im Kopf herumgegangen, wo sich Touristen über Unfreundlichkeit udgl. beklagt haben. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass dies nur mit dem eigenen Auftreten zu tun haben kann. Wir haben dbzgl. mal 23 Jahre Rhodos Revue passieren lassen und uns sind nur zwei Begebenheiten eingefallen, über die wir uns wegen Unfreundlichkeit geärgert haben. In Deutschland sind es mindestens zwei pro Tag.

Felsen

Mit Freunden gefeiert wurde natürlich auch wieder kräftig. Einladungen zu Abendessen und Grillparties waren angesagt. Auch wir hatten viel Besuch und das ist schön. Zeigt es doch, dass man mit eigenem Hausstand doch etwas mehr integriert ist.

Kleine Beispiele, was bei Freunden und in Restaurants alles auf den Tisch kam, sehen Sie hier

Im Großen und Ganzen wird unser Rhodosaufenthalt immer mehr zum normalen Leben dort. Strandtage, wo langweiliges und sinnloses Herumliegen angesagt ist, werden immer weniger. Es waren vielleicht 6 Tage bei mir, an denen ich mal höchstens 2 Stunden am Strand war. Herumwursteln im Garten und am Haus, Einkaufen gehen, mal selbst kochen, Spazierenfahren, Freunde treffen, gehören jetzt zu unserem Tagesablauf.

In der letzte Woche gönnten wir uns dann eine kleine "Auszeit" aller "Verpflichtungen", um uns etwas zu "erholen". Die letzte Woche ist bei uns sowieso schon mit leichten Depressionen begleitet, da wir wissen bald die Insel verlassen zu müssen. Wenn dann 2 Tage vor Abflug langsam das Haus wieder für unsere Abwesenheit aufgeräumt wird, wird es ungemütlich und noch depressiver.

Gut, jetzt sind wir wieder in Deutschland und uns bleibt nur die Vorfreude auf den nächsten Aufenthalt. Irgendwann hat das Hin und Her für "kurze" Aufenthalte ein Ende.


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